Imposante Schenkung des Klever Malers Josef van Brackel für die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve

In die Sammlung des Museum Kurhaus Kleve gelangte im Sommer 2023 als Schenkung aus Privatbesitz ein imposantes Gemälde des Klever Malers Josef van Brackel (1874–1959). 

Über den Künstler

Josef van Brackel gehörte einer Riege von bedeutenden Klever Künstler*innen an, die im 20. Jahrhundert in der Stadt lebten und wirkten. Sein Name ist in einem Atemzug mit z.B. Walther und Elna Brüx, mit Hanns Lamers, Achilles Moortgat, Bernd Schulte, Josef Mooren und mehr zu nennen. 

Van Brackel ist auf ganz besondere Weise mit Kleve verbunden. Er wurde am 7. Juni 1874 in Kleve geboren, wo er auch aufwuchs. Bis 1890 studierte er in der Werkstatt des Kirchenkünstlers Kevelar Friedrich Stummel (1850–1919). Von 1890 bis 1897 absolvierte er eine Studienreise nach Italien, wo er beispielsweise als Hospitant an der Kunstakademie Florenz tätig war. In Venedig ließ er sich durch die eindrucksvollen Mosaikarbeiten in der Kuppel von San Marco, die zwischen 829/32 un 1071 erstellt wurden, zu eigenen Studien inspirieren. Nach 1897 bis 1912 lebte und arbeitete van Brackel in Düsseldorf, Köln, München und Berlin. 

Josef van Brackel lebte von 1912 bis 1943 in Kassel. Er studierte an der Kunstakademie in Kassel, wo er auch ein Atelier besaß. Einer seiner Lehrer war der Professor und Kunstschriftsteller Hermann Knackfuß (1848–1915), der ihm zu einem prominenten ersten Auftrag verhalf: zur Ausführung eines figurenreichen Deckengemäldes im Rathaus zu Kassel nach Entwürfen von Prof. Knackfuß. Das Deckengemälde ist heute bedauerlicherweise nicht mehr erhalten, denn das Rathaus wurde 1943 im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Seine Studienzeit in Kassel erweiterte van Brackel immer wieder durch Studienreisen nach Holland, Belgien, Italien und Österreich. Er nahm an Ausstellungen der Kunstakademie Kassel in Berlin teil, in München, in Düsseldorf und in weiteren Städten. 1943 verlor er sein Atelier in der Akademie in Kassel, als die Stadt während des Zweiten Weltkriegs ausgebombt wurde.

Josef van Brackel flüchtete danach zurück in seine Geburtsstadt Kleve, wo ihn dasselbe Schicksal einholte: 1944/1945 wurde auch Kleve ausgebombt, wodurch er seine Wohn- und Arbeitsstätte verlor. Nach dem Krieg befand er sich 1946 in Lendringsen (Sauerland), er kehrt aber 1947 zurück nach Kleve, wo er 1959 im Alter von 85 Jahren starb. Die letze Zeit seines Lebens verbrachte er im Herz-Jesu-Kloster in Kleve, wo er am 15. November 1959 starb. 

Die blaue Kammer

Sein bis heute berühmtestes Gemälde ist „Die blaue Kammer“ (1910), das sich in der Kreisverwaltung Kleve befindet. Es ist insofern erstaunlich, weil es auf einem monumentalen Format ältere Frauen zentral präsentiert – zu einer Zeit, als ältere Frauen schlichtweg uninteressant waren und nicht als abbildungswürdig galten.

Van Brackel setzt sie zentral in Szene, sie sitzen rund um den Betrachter auf Stühlen und sind in sich versunken. Zu sehen sind fünf betende ältere Frauen, die meditativ in sich gekehrt sind. Die Ausführung ist historistisch-figürlich, aber trotzdem zukunftsgewandt. Die Farben sind stark und ansprechend, die Malweise pastos und deckend.

„Van Brackel ist ein echter Lyriker, dessen Bilder jene heimliche Schwermut haben, die aus sich selbst zu klingen scheint“, schreibt ein Kritiker nach einer Ausstellung in Mannheim.

Zu Beginn seiner ersten Schaffensperiode malte der Künstler in einem traditionellen Stil, erst später entwickelte er in seinen Gemälden impressionistische Tendenzen.

Über die Schenkung an das Museum Kurhaus Kleve: 
   
Beim Gemälde „Verlassene Alte beim Tischgebet“ handelt es sich um eines der großformatigsten im Œuvre von Josef van Brackel. Der Zeitpunkt seiner Entstehung ist nicht bekannt, stilistisch darf jedoch der Zeitraum zwischen 1910 und 1940 dafür herangezogen werden.

Den Titel des Gemäldes gibt der Künstler durch eine deutliche Titulierung auf der Rückseite selbst vor. Und exakt dieses Motiv ist auch dargestellt: eine alte Frau in einem Innenraum, die auf einem Stuhl sitzt, in sich gekehrt ist und zu beten scheint. Die Kleidung der Protagonistin wirkt heimelig und ist typisch für diese Zeit, scheint aber sehr gepflegt zu sein.

Die Szenerie spielt sich in einem Innenraum ab, womöglich in einer Küche, die gefliest ist und auf der Rückseite ein Geschirrregal mit Tellern aufweist. Tageslicht, das von rechts einfällt, erhellt diesen Raum und gibt Betrachter*innen die Möglichkeit, schöne atmosphärische Details zu erkennen, wie die bereits genannten Regale, aber auch ein Weinfass auf der rechten Seite und ein gedeckter Tisch auf der linken. Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser Frau um eine Arbeiterin oder um eine Ehefrau und Mutter.

Beim Betrachten des Bildes kann man Ruhe und Frieden erfühlen. Anhand der Körperhaltung kann man davon ausgehen, dass es sich bei der Frau um eine Christin handelt. Sie sitzt mit geschlossen Augen da und betet mit gefalteten Händen.

Es gibt gewisse Analogien zwischen van Brackels berühmtesten Gemälde, „Die blaue Kammer“, und dem vorliegenden Bild „Verlassene Alte beim Tischgebet“. In beiden Bildern sind eine gewisse Spiritualität und Ruhe zu erspüren, die dem Künstler eigen war. Beide Motive gleichen sich. 

 

→Geschrieben von Anastasiia Chaban im Zuge ihres wissenschaftlichen Forschungspraktikums im Museum Kurhaus Kleve im September 2023, die aus der Ukraine kommt und erst seit einem Jahr Deutsch lernt. Weitere Informationen über die Arbeit von Anastasiia Chaban sind ->hier abrufbar.